Wie heute bekannt wurde, hat Wolfgang Kubicki (FDP), Vizepräsident des Deutschen Bundestages, tatsächlich die „Dreistigkeit“ besessen, die Öffnung der Gaspipeline Nord Stream 2 vorzuschlagen. Ein Vorschlag, der die Sanktions- und Energiepolitik der derzeitigen Regierungskoalition in Frage stellt.
Es wurde Zeit, dass ein führender Regierungspolitiker den Mut, die Klugheit und die Weisheit besitzt, die Kurzsichtigkeit der bisherigen Regierungs-entscheidungen in Sachen Energieversorgung in Frage zu stellen. Diese Einsicht kommt spät, aber sie kommt und das aus den Reihen eines Koalitionspartners der SPD.
Der Vorschlag von Herrn Kubicki folgt zeitnah mit den zornigen Bürgerprotesten auf einer Kundgebung des Bundeskanzlers und der Veröffentlichung eines offenen Briefes zahlreicher sächsischer Unternehmer. Die Unternehmer forderten die sofortige Beendigung der Sanktionen gegenüber Russland.
Natürlich war zu erwarten, dass sowohl Herr Kubicki, als auch die Demonstranten und die sächsischen Unternehmer, postwendend und medial, lautstark in die Ecke der Russlandtreuen und Kriegsignoranten gestellt wurden. Aufbegehren und Meinungsfreiheit ist derzeit in diesem Land schwer erträglich und wird nicht ohne weiteres geduldet. Ist diese plötzliche Häufung von Protesten Zufall? Angesichts der fragwürdigen Innen- und Außenpolitik in diesem Land sicher nicht.
Wer nicht auf Regierungslinie mitläuft muss offensichtlich befürchten, in die links- oder rechtsextreme Ecke gedrängt zu werden oder als „Opfer“ russischer Manipulation und Propaganda abgestempelt zu werden. Die o. g. Demonstranten und die Verfasser des offenen Briefes müssen diese Erfahrungen gerade durchleben.
Ein Spruch eines namentlich nicht genannten Jungliberalen zeigt, welchen unrühmlichen Status die Meinungsfreiheit gerade in Deutschland genießt: „Wer die Sanktionspolitik der Bundesregierung ablehnt, muss dringend seinen moralischen Kompass neu justieren.“ Nachdenken und Fehlerkorrektur scheint für einige Jungliberale gerade nicht opportun zu sein. Einem lebenserfahrenen, europaweit respektierten, liberalen Politiker moralische Verantwortung und Weitsicht abzusprechen, ist zumindest äußerst bedenklich.
Man kann nur vermuten, dass Herr Kubicki hier mit Wissen der Parteiführung einen „Ballon“ steigen ließ, um auszuloten, wie konsensfähig ein derartiger ernstgemeinter Vorschlag sein wird. Die Zukunft scheint spannend zu werden.